Erwandert und erzählt von Andy Keller, Hinterkappelen
Zwischen dem Centovalli und dem Onsernonetal verläuft einer der schönsten ehemaligen Maultierpfade des Tessins. Der alte Säumerpfad ist heute ein beliebter Wanderweg, der in Intragna startet und in Loco endet. Er ist so kunstvoll mit Steinplatten ausgelegt, dass man nicht aus dem Staunen herauskommt. Unglaublich mit welcher Präzision der Weg und die Trockenmauern vor 300 bis 400 Jahren angelegt wurden. Immer breit genug, um Platz für die Bauern mit den Maultieren zu haben, die mit Kunsthandwerk, Korbwaren, Strohbündeln und Strohhüten zum Hafen von Ascona und dem Markt von Locarno unterwegs waren. Für den Rückweg wurden die Tiere mit Getreide und Salz für die verschiedenen Dörfer im Onsernone-Tal beladen.
Der Weg steigt von Intragna kontinuierlich an, und dank schattiger Kastanien- und Buchenwälder ist er auch an warmen Tagen gut begehbar. Bald hat man einen herrlichen Blick auf Intragna mit seinem hohen Kirchturm. Vorbei an Weilern mit den typischen Steinhäusern und immer wieder an alten Kapellen geht es weiter aufwärts. Nach gut einstündiger Wegstrecke führt der Pfad zum ersten Mal abwärts dem rauschenden Fluss Isorno entgegen. Eine bogenförmige Holzbrücke führt über den Fluss. Früher stand hier während Jahrhunderten eine Steinbrücke, doch wurde sie in den Siebzigerjahren von einem Unwetter zerstört. Wer trittsicher und schwindelfrei ist und vor einer Kletterpartie nicht zurückschreckt, kann auf einem Trampelpfad, der nach der Brücke rechts in den Wald führt, zu hohen Felsen laufen und dann zum Wasser hinunterklettern. Grosse Pools mit kristallklarem Wasser laden in der spektakulären Schlucht zu einem kühlen Bad. Aber Achtung! Bei nassem Wetter sind die Felsen glitschig und gefährlich. Auch bei aufkommenden Gewittern darf man sich auf keinen Fall unten am Wasser aufhalten. Der Fluss kann blitzartig anschwellen und Geschiebe mit sich führen.
Nach der Brücke steigt der Weg wieder an, und an sonnigen Tagen wird der Wanderer nun schwitzen, denn der letzte Abschnitt ist meist offenes Gelände. Es dauert noch etwa 45 Minuten bis man Loco erreicht. Jetzt ist es höchste Zeit für einen kühlen Drink oder einen Kaffee mit Kuchen im «Caffè della Posta». Auch für den grossen Hunger gibt es schmackhafte Gerichte. Und für Kulturinteressierte lohnt sich ein Besuch des «Museo Onsernonese», das sich unter anderem der Strohflechterei widmet.
Wanderdauer: Intragna/Loco ca. 3 Stunden, umgekehrt ca. 2.5 Stunden
Ausrüstung: Wanderschuhe, evtl. Wanderstöcke, Sonnencrème, Sonnenhut, Badesachen, Proviant, gefüllte Trinkflasche
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